Immer an der Bahn lang

Strahlender Sonnenschein, ich bin schon relativ früh los, alles wirkt noch etwas verschlafen, aber der eine oder andere arbeitet schon oder ist auf dem Weg dahin. Einer hatte schon Zeit, sein Auto zu verschrotten, es stand ziemlich demoliert auf einer Kreuzung. Es sah aus, als hätte jemand mit einem kühlschrankgroßen Hammer von der Seite auf den Kotflügel geschlagen. Anders konnte ich mir das Schadensbild nicht erklären. War zum Glück die Beifahrerseite und der Abschleppwagen war auch schon da. Und dann war da noch die ältere Frau, die allen Ernstes in die auf dem Gehweg deponierte Mülltüte ihres Nachbarn geschaut hat. Man weiß ja nie.

Die Rathausstraße in Liestal

Auf dieser Etappe reihte sich Ort an Ort im Tal und der Weg verlief meistens in der Nähe der Bahnstrecke, oft direkt am Bahndamm und einmal sogar an einer Lärmschutzwand entlang. War nicht immer idylisch. Nur einmal ging es 20 min über einen grünen ruhigen Hügel rüber. Aber auf der anderen Seite war dann gleich wieder Bahnstrecke angesagt, diesmal angereichert mit Autobahn und Gewerbegebiet. Durch irgendeine seltsame Vorsehung war ich genau zu dem Zeitpunkt dort, an dem eine berufliche Besprechung fällig war. Also nahm ich Platz auf einer Bank am Waldrand im Schatten, besprach mich und blickte auf dies:

Im Ergolztal

Anschließend ging es vom Ergolztal ins Homburgertal, wo die Orte merklich kleiner wurden und das Gesamtbild grüner. Es war jetzt Mittag durch und als ich mich irgendwann mal umgedreht habe, war der Himmel plötzlich verdächtig grau. Kleiner Blick auf die Wetterapp versprach ein halbstündiges Gewitter in 20 Minuten. Und ein Blick auf die Landkarte versprach den Bahnhof Diepflingen, ebenfalls in 20 Minuten. Das sollte doch zu schaffen sein, und das war es auch. Allerdings hatte ich mir den Bahnhof größer vorgestellt, mit Cafe, Lademöglichkeit fürs Handy, kleinem Lebensmittelgeschäft oder so.

Es wurde ein ungefähr 10 qm großes Wartehäuschen. Aber immerhin. Und ich konnte mich gut unterhalten, weil ein Deutscher drin saß, der ein Vorstellungstermin für einen neuen Job bei einem örtlichen Unternehmen hatte. Er war auf Nummer sicher gegangen und hatte zwei Züge vor Termin genommen und weil die in der Schweiz so fahren wie sie fahren sollen, saß er halt die Zeit im Wartehäuschen ab. Wir haben über Jobsuche geplaudert, über Headhunter, er hatte über einen das Jobangebot bekommen, den ich auch schon bemüht habe. Und überhaupt über die Lage. Nach 30 min war das Gewitter wie versprochen vorbei. Ich hab ihm viel Glück gewünscht und bin weiter.

Immer an der Bahn lang – auch in Diepflingen

Und weiter geht es im Tal. Das war jetzt ziemlich schmal, und der Weg konnte kaum noch woanders verlaufen wie direkt neben der Bahn. War aber nicht mehr so auffällig, weil es nur noch eine eingleisige Nebenstrecke war. Das Grün drumrum stand dicht, war feucht, dampfte etwas schwül noch vom Gewitter und ich musste ziemlich schwitzen, obwohl Hitze und Sonne weg waren. Aber auch so fühlt sich Sommer an und es war gut.

Homburgertal mit Sommerauer Häusern

Der letzte Teil des Tages bot noch eine Überraschung. Die offizielle Via Gottardo beschreibt hier einen ziemlich großen, mir nicht so recht einleuchtenden Bogen. Ich hatte deshalb eine Abkürzung geplant, die an genau dieser Stelle in Rümlingen los ging:

Rümlingen soweit sichtbar

Die Via Gottardo biegt hier nach Osten ab. Ich aber bin unter der Brücke durch, einmal um die Kirche rum und hatte dann große Mühe, den in meiner Karte eingezeichneten Weg zu finden. Ich musste wirklich immer wieder in vermeintliche Sackgassen, um kurz vor deren Ende zu sehen, dass es doch weiterging. Am Anfang war der Weg einfach ein knapp ein Meter breiter Wiesenstreifen zwischen zwei Gartenzäunen. Nichts ausgeschildert, nichts eingerichtet. Aber der Weg war da. Dann folgten plötzlich sehr steile Stufen neben dem Brückenpfeiler hoch und später war es ein schmaler verwunschener Pfad im Wald, der den Berg hochführte. Ich war die ganze Zeit darauf gefasst, dass er sich plötzlich im Unterholz verliert und ich umdrehen muss. Tat er aber nicht. Und auch als ich oben ankam und mitten durch einen Bauernhof gehen musste, war niemand da, der gemeckert hat. Auch der Hund raste nicht mit gefletschten Zähnen auf mich zu. Im Gegenteil, weder Hund noch Mensch ließen sich blicken und so hatte ich eine ziemlich coole und etwas abenteuerliche Abkürzung gefunden.

Da war’s nur noch eine starke Stunde. Es ging immer wieder auch auf schmale Pfade, die inzwischen ziemlich deutlich von Kalkstein durchsetzt waren. Die Gegend hier nennt sich nicht umsonst Baselbieter Jura, auch einige Felsformationen waren jetzt zu sehen. Und auf einer thronte wieder mal eine Ruine, diesmal die sogenannte Homburg. Die hab ich mir aber geklemmt, Ruine hatte ich gestern schon.

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