Harznordrandstörung

Sonne! Sonntag! Harz! Wandern! Zum ersten Mal eigentlich seit Berlin treffen wir andere Wanderer. Sicherlich meistens Ausflügler, aber immerhin. Es gibt auch wieder Wanderwege, markierte. Durch ganz Sachsen-Anhalt hindurch habe ich nur Radwege gesehen, wenn überhaupt. Schön war’s trotzdem. Jetzt aber genießen wir bei einiger Kälte das idyllische Quedlinburg in der Morgensonne.

Es geht über einen kleinen Bergrücken – die Hasenköpfe – auf die Teufelsmauer zu. Das ist eine lange Reihe von sehr schmalen Felszacken, die wie stehen gebliebene Mauerreste wirken aus der Ferne. Geologisch sind sie sichtbarer Zeuge der Harznordrandstörung, wo das Harzmassiv am Flachland aufgleitet. Wir sparen es uns, die gesamte Länge der Teufelsmauer abzulaufen und freuen uns am Königstein. Hier kommen wir direkt an die Felsen heran. Wichtig: Goethe war auch hier.

Danach gönnen wir uns Kaffee und Schwarzwälder Kirschtorte, bevor wir langsam ansteigend hintenrum zum Hexentanzplatz oberhalb des Bodetals gehen. Wie so oft in den Bergen, wenn man sich über Stunden mit Mühe zu Fuß irgendwo hoch begibt: die Anderen sind schon da. Hier mit Auto, Bus oder Seilbahn. Der Hexentanzplatz hat sich zur „Seilbahnen Thale Erlebniswelt“ entwickelt. Der Blick ins tief eingeschnittene Bodetal ist natürlich trotzdem spektakulär. Wir machen das Beste daraus, nehmen am Rande einen Glühwein mit, und steigen steil nach Thale ab.

Miles and more

Der Tag sieht auf der Karte sehr lang aus, überrascht aber mit einer besonderen Facette. Wir gehen heute fast durchgängig etwas erhaben und können dadurch oft sehr weit über das Land schauen. Das ist manchmal wirklich sehr, sehr weit, zum Beispiel sehen wir den Wasserdampf vom Kraftwerk Buschhaus. Das sind fast 50km. Und da der Himmel halbwegs freundlich ist, die Luft klar und kalt, fühlt sich der Tag sehr entspannt an. Wir passieren insgesamt nur zwei Dörfer diesmal, Reinstedt und Badeborn und müssen leider wieder einmal feststellen, dass Gastwirtschaften nicht existieren oder geschlossen sind. Das ist schade, aber am Ende helfen uns die mitgenommenen heißer Tee und Schokolade über den Tag. Was auch auffällt: so langsam kommt am Horizont tatsächlich der Harz immer näher. Das sieht dann so aus …

… oder so:

Unterwegs haben wir mal was vom Wildleben mitbekommen. Erst Jägergruppen auf Hasenjagd. Dann ein Rehrudel, das uns lange aufmerksam beäugt, bevor es sich dann doch entschließt, sich zu verkrümeln. Und zuletzt deutlich frische Wildschweinspuren und -geruch auf einem schmalen Pfad durchs Gestrüpp. Wir haben uns besonders laut unterhalten, um auch wirklich sicher zu gehen, dass wir diesen Tieren nicht begegnen. So richtig die Experten sind wir dann halt nicht.

Am Ende aber kommen wir ins wunderschöne Quedlinburg, was noch im Weihnachtsfieber brennt.

Sehr, sehr empfehlenswert, wunderschön eingerichtet und mitten in der Altstadt: Pension Adelheid.

Wipper!

Winterwanderung zwischen den Jahren, ab Bernburg wollen wir idealerweise bis auf den Brocken in den nächsten Tagen. Zunächst aber erst durch die Bernburger Altstadt nebst Schloß, Abstieg zur Saalefähre und kurzer Blick zurück. Schön ist‘s.

Auf der anderen Seite treffen wir sehr schnell auf das kleine Flüsschen Wipper, das uns zu unserer Überraschung den ganzen Tag bis nach Aschersleben begleiten wird. Hätten wir vielleicht genauer auf die Karte schauen sollen. Ab und an von Hochwasserschutz flankiert, freuen wir uns über oft recht wilde Uferstreifen (im Bildhintergrund noch die Saale).

Dann geht es von Dorf zu Dorf über weites Ackerland, langweilig wird es dabei nie: Plauderei mit Anwohnern, Biberfamilie im Warmsdorfer Dorfteich, dort auch ein Schloss und eine sehenswert zu einer Pension ausgebauten Kirche. Leider hat die Gaststätte geschlossen, auch das folgende Giersdorf bringt uns hier nichts. Aber belegte Brötchen und warmer Tee helfen. Im übrigen wird das Tal etwas ausgeprägter, man ahnt in der Ferne das Harzvorland. Zuletzt über ein kleines, grünes Band aus Schloß, Kleingarten- und Parkanlagen nach Aschersleben.

Insgesamt ein schöner, sich immer wieder wandelnder Weg. Einen allerdings wollten wir nicht ungezeigt lassen, ein (Rad-)weg für nicht so sensible Gemüter (gesehen unter der A14). Gottlob nicht unser Weg.

Zwischen Elbe und Saale

Weiter geht’s nach einigen Wochen, bis Wulfen dankenswerterweise in Begleitung. Es war ein trüber, kalter Herbsttag und meine Erwartung passte sich dem Wetter an. Dazu dann auch noch das wirklich sehr flache Land und gehört hatten wir von Osternienburg auch noch nie was. Höchstens mal was vom Salzlandkreis. Aber sicher noch nie von Kalkteichen.

Aus Aken raus über Feuchtwiesen, bis das bestimmende Bild des Tages beginnt: Wirtschaftsweg zwischen Acker. Schon jetzt ist klar, zum Wandern ist hier nichts gemacht. Aber egal.

Nach einiger Zeit passieren wir Seen, die leider erstmal unzugänglich sind. Am Akaziensee stehen wir vor einem Kassenhäuschen, hinter dem sich Campingplatz und Seebad verbergen. Der Neolithteich auf der anderen Seite gehört dem Vogelschutz.

Einen Kilometer weiter verpassen wir den Abzweig rechter Hand, weil wir jetzt wirklich Seen sehen und uns davon nicht lösen können. Es beginnt die lange Strecke über Wulfen (Drosa umgehe ich nördlich), später Gramsdorf und Pobzig, wo ich der Abwechslung halber einen kleinen Umweg einlege.

Dann – schon am Nachmittag – kommt was wirklich Irres. Man sieht aus der Ferne niedrige, komplett flache Hügel, die nach abgebrochenen Abraumhalden aussehen. Sind sie aber nicht. Aus Neugier lege ich meinen Weg durch diese Hügel durch. Auf der Karte sind sie als Spülkippe ausgewiesen. Wie mir der freundliche Herr erklärt, der mich des Weges verweist (“Betriebsgelände!”): das gehört zur Sodaproduktion, die in Bernburg seit über 100 Jahren Tradition hat! Die Hügel sind Kalkteiche, in denen das in der Sodaproduktion überschüssige Calciumchlorid gesammelt wird. Mein Versuch, das fotografisch festzuhalten, war nicht so richtig erfolgreich. Aber wenigstens wurde das Wetter besser.

Kleiner Tipp: die Wege um die Kalkteiche herum sind allesamt Betriebsgelände. Alternativen gibt es nicht, also läuft man ein paar Meter weiter am Ackerrand entlang. Das jedoch weglos. Oder schließt sich örtlichen Spaziergängern an, die das nicht so eng sehen.

Am Ende treffe ich auf die Saale …

… und folge deren Ufer auf dem Saale-Radweg bis nach Bernburg.

Die Strecke ist mit 30 km letztlich ziemlich lang und bietet zwischendrin keine Einkehrmöglichkeit. Aber wie so oft im Osten passen meine Erwartungen nicht zum Land, ist das Land mitnichten leer, stehen DDR-Erinnerungen neben heutigem Leben und ich frage mich, ob wir nicht einen riesigen Fehler machen, uns so auf die ach so hippen Metropolen zu konzentrieren. Als Wanderer macht man hier andere Erfahrungen.

An der Elbe

Ein paar Wochen später eine Tageswanderung, ganz der Elbe gewidmet. Es geht von Roßlau nach Aken soweit wie möglich am Fluss. Es ist inzwischen Ende Juli, angenehm warm, das Land aber ist verbrannt und die Elbe sehr, sehr wasserarm.

Ich habe die Wahl zwischen Nordufer – direkter Weg, aber nach Kartenlage nur stückweise am Fluss – und Südufer – mit Umweg, aber irgendwann ziemlich durchgehend am Wasser. Es gewinnt der Süden, und damit gehe ich erstmal ein paar Kilometer an der vierspurigen Landstraße. Mich stört das nicht, ich muss nicht fanatisch immer den kleinsten Pfad nehmen. Wie auch in Brandenburg heißt das auch nicht zwingend Verkehr, und so genieße ich den Blick vom Damm auf die Elbwiesen, genieße die Elbbrücke, die Muldebrücke und mehr. Die Elbe legt hier eine Schleife ein, und der wird halt gefolgt. Ab dann gehts ja auch wirklich am Wasser lang, ab dem Kornhaus direkt am Ufer.

Jetzt ist alles Biosphärenreservat, anfangs Wald …

… später verbrannte Wiese …

und im Augenwinkel immer das Wasser. Am Ufer gegenüber tauchen mit Brambach und Rietzmeck Ortschaften aus den Büschen auf, meine Seite aber ist still. Gegenüber einer Flachswerksiedlung ist dann Schluß, die Strecke legt einen Umweg durch Wald ein, bis wir an der Elbfähre wieder ans Wasser kommen.

Ein ganz verdientes Mittagessen auf schöner Terrasse direkt auf dem Damm und am Elberadweg mit Blick auf Wasser und Fähre. Die restlichen paar Meter zum Marktplatz Aken fallen dann doch etwas schwerer.

Es wird flach und weit

Die heutige Wanderung würde man wohl Überführungsetappe nennen. Mit der ausgesprochenen Schönheit ist es erstmal vorbei, und die Strecke ist mit 36 km wirklich lang. Heiß und staubig war es auch noch. Wegmarkierung praktisch keine. Sehr große Felder. Mir ist es nicht gelungen, diesen Eindruck in Fotos zu bannen. Wie man etwas unscharf sieht.

Aber: man wechselt erkennbar das Bundesland, und das ist auch wieder spannend zu sehen.

Und im Ort mit dem schönen Namen Hundeluft habe ich Trinkwasser bekommen, als es wirklich wichtig war. Ich habe an einem Haus geklingelt, in dessen Vorgarten ich einen Wasserhahn gesehen habe. Den durfte ich zwar nicht benutzen – kein Trinkwasser! – aber im Bad was abzapfen. Vielen Dank!

Zuletzt am Rosselwanderweg (mehr ein ein Radweg) entlang über Meinsdorf nach Roßlau. Welch Erleichterung, auf der Elbbrücke dem ruhig fließenden Wasser Richtung Magdeburg hinterherzusehen!

Durch den Hohen Fläming

Was folgt, ist eine ausgesprochen schöne Etappe durch das wahrscheinlich niedrigste Mittelgebirge der Welt. Und überraschend war es für mich auch etwas, habe ich doch ab Bad Belzig den E11 abgekürzt. Aus irgendeinem Grund umgeht dieser den doch ebenfalls sehr schönen Ort mit der hervorstechenden Burg Eisenhardt. Aber vielleicht ist der E11 noch schöner und ich weiß es nur nicht.

Hinter der Springbachmühle geht’s erstmal über Wiesenland, das wie vieles in Brandenburg nicht mehr so richtig genutzt wirkt. Um so schöner sieht es aus:

Anschließend durch Bad Belzig, da die Etappe nicht so lang ist, wäre Zeit für Sightseeing. Danach am Rand der Landstraße aus dem Ort raus. Das stellt sich als völlig unproblematisch dar. Landstraße heißt ja nicht unbedingt auch Verkehr. Jedenfalls nicht Samstag vormittag hier. Stattdessen biege ich später ab und laufe durch wunderbare Blumenspaliere am Feldrand.

Oder umgehe den Mühlberg südlich Buchholz, seht ihr ihn?

Auf der Landstraße zwischen Buchholz und Rädigke kam mir übrigens exakt 1 Auto entgegen! Es folgt der nächste Landschaftswechsel zum Planetal. Wir sind im Naturpark Hoher Fläming und das sieht und spürt man.

Am Ende kommt dann mit Raben und Burg Rabenstein ein echtes Highlight. Leider habe ich vergeblich versucht, dort Unterkunft zu kriegen. Man war mit einer Hochzeitsgesellschaft voll belegt, das kommt vermutlich öfter vor. So bin ich ins doch 9 km entfernte Garrey ausgewichen, das war für den Weißen Raben aber jeden Schritt wert.

Über Land

Der zweite Tag war schon fordender. Er beginnt schön, er endet schön, aber zwischendrin ist das Land doch weit und die Strecke auch.

Doch erstmal noch zu Beelitz-Heilstätten: wer sich Zeit nehmen will, sollte unbedingt den Barfußpark und den Baumwipfelpfad erkunden. Beides eigentlich schöne Ziele für einen Tagesausflug, eröffnen sie spannende Perspektiven.

Ich aber bin los, erstmal sehr lang parallel zur Eisenbahn. Ein sehr schöner Wald bis Borkheide und weiter nach Neuendorf. Eine erste Erfahrung, Brandenburg scheint Radlerland. Jedenfalls gehe ich viel Radweg, auch asphaltiert. Und treffe nur Radfahrer. Auf der anderen Seite ist das Land halt groß und vergleichsweise leer. Das kann man auch auf Radwegen gut erwandern.

Bis Brück folge ich dann einem “Spargelweg”, der eigentlich eher Wiesenweg heißen sollte. Es geht etwas im Zick-Zack und ich schrecke mehrfach Reiher und anderes auf, das sich im wegbegleitenden Gewässer tummelt. Und was in Brandenburg dann auch wieder überrascht: man wähnt sich in der wilden und weiten Natur, aber da ist dann doch immer Infrastruktur. Sei es Eisenbahn, zwei Postdienste, die zeitgleich den 10-Häuser-Weiler Stromtal anfahren.

Oder die Holztürme von Brück. Zwei riesige Konstruktionen in der Ferne, die technischen Versuchen der Telekom dienten. Worauf man natürlich erst mit Google kommt. In den mindestens 30 Minuten, in denen man ihnen näher kommt, hatte ich mehrere Theorien gebildet, was das wohl sein könnte. Telekom kam nicht drin vor. Ich tröste mich in Fleischerei Zimmermann mit einem astreinen Imbiss.

Weiter gehts entlang der Plane wie gehabt. Hier aber unbedingt links auf der Böschung gehen und den Pfad mit Infotafeln erleben. Nach Trebitz wieder Radweg, bis wir auf einer Anhöhe den Wald verlassen und mit weitem Blick sehen, wieso das hier Hoher Fläming heißt.

Der Rest über Schwanebeck wurde dann doch lang, aber das Abendessen in der Springbachmühle vor Bad Belzig versöhnt mit allem.

Auftakt in Potsdam

Mit dieser Etappe ging es Himmelfahrt 2019 bei strahlendem Sonnenschein wirklich los, auch wenn dieser Blog zeitlich noch etwas hinterherhinkt.

Auf den ersten Kilometern im Potsdamer Naherholungsgebiet alles voll gut gelaunter Menschen …

… mit klarer Richtung …

… und guten Tipps …

… mach ich mich auf den Weg.

Wunderschön! Nur südlich der Autobahn zieht es sich dann etwas, bis ich nach einem halben Wandertag im Beelitz-Heilstättener Landhotel Gustav gutes Quartier nehme.

Stadtwandern die zweite

Aus der Stadt raus ins Grüne nach Potsdam, das war für mich ein unerwartetes Erlebnis. Es geht mit der Rehwiese los, neben den Seegrundstücken wohl das schönste Fleckchen zum Wohnen in der Gegend. Kurz danach überqueren wir die aktuelle Autobahn, um auf ihrer alten und inzwischen komplett rückgebauten Trasse zu wandern. Eine Querfeldeinstrecke bringt uns zum Teltowkanal, von dort zum Müllberg Wannsee. Einst eine wild verbuschte Savanne, zwischenzeitlich durch Sanierungsmaßnahmen ruiniert (Flora und Fauna, dem Grundwasser hat es vermutlich gut getan), hat der Müllberg sich wieder ganz gut erholt und bietet wieder wilde und für Berlin ganz eigene Eindrücke. Aber das wars noch nicht, es folgen Glienicker Brücke, Heiliger See und Potsdamer Innenstadt. Insgesamt eine Kette voller Perlen. Wollte ich wirklich nach Nizza?