Die letzte Etappe meiner zwei Wanderwochen erfordert etwas Planung, weil ab Mittag Regen und Gewitter angesagt ist. Das Berghaus Golderli ist eine ausgesprochen gemütliche und gute Unterkunft, die Wirtin zieht das Frühstück netterweise auf 6:30 Uhr vor und wir können 7 Uhr los. Es sei vorweggenommen, der Plan geht gut auf. Von Gewitter ist keine Rede mehr, und als der Regen einsetzt, haben wir den ersten Teil des Abstiegs schon hinter uns und sitzen gerade vor dem Berghaus Oberbärgli und trinken Kaffee.
Der Anstieg selbst ist knackig. Es gibt nur im ersten Drittel eine etwas flachere Passage, ansonsten geht es steil bergan. Nach einem gefühlt ewigen Aufstieg auf einer Moräne geht es in den Fels, nur um kurz darauf in die letzten Schotterflanken vor der Passhöhe überzugehen. Hier sind über hunderte von Metern Treppen gebaut, die den Aufstieg erleichtern sollen. Für mich aber sind – warum auch immer – gerade die Treppen sehr kräftezehrend. Und so muss ich Matthias um Geduld bitten und bin im Schneckenschritt hoch.

Im Ergebnis aber haben wir die fast 1400 Höhenmeter in 3:20 h zurückgelegt, mehr als 400m pro Stunde. Und obwohl uns heute viele junge Wanderer sozusagen um die Ohren fliegen und rechts und links überholen, ist das für mich doch ziemlich schnell. Wir wollen halt vor dem Regen wieder unten sein. Also die Hütte links liegen lassen und schnell weiter.

Der Pfad ist ausgezeichnet in den Schotterhang gearbeitet und bietet erstmal wenig technische Schwierigkeit.

So können wir immer wieder um uns schauen, denn das Felstheater ist atemberaubend. Die Schweizer Alpen sind einfach noch einmal größer als die Österreichischen. Wir gehen genau gegenüber einem noch ziemlich großen Gletscher, wir können in der Ferne aber auch das Tal von Kandersteg sehen.

Was ich einfach nicht fotografiert kriege: die 500m Felsabbruch unter dem Gletscher. Man stelle es sich einfach nur massiv vor. Später gehen wir eine Zeitlang auf einem Grasband oberhalb senkrechter Felsen, und später oberhalb steiler Schotterhänge. Das ist dann schon ziemlich ausgesetzt, da fühlt sich mancher mulmig. Ich selbst aber fühle mich auf einem schmalen Grat mit gutem Stand ehrlich gesagt wie ein kleiner König. Gerade weil ich mich sicher fühle und das für mich nicht selbstverständlich ist.

Später regnet es wie vorhergesagt, aber nicht sehr stark und so stört es nicht weiter. Wir sind jetzt am Oeschinensee, der nicht nur von beeindruckend hohen Felsen umgeben ist, sondern offensichtlich auch ein Touristenhotspot. So werden es immer mehr Menschen, die nicht so sehr nach Wandern, sondern nach Ausflug aussehen. Und es ist ja Wochenende. Irgendwann fühlen wir uns etwas als Aliens, aber das ist ok.

Und dann sind beiden Wanderwochen vorbei. Ich freue mich über den Pausentag morgen und könnte danach einfach weitergehen. Aber ich freue mich auch, nach Hause zu kommen. Ab jetzt stehen ja alpine Etappen an, und so werde ich erst nächsten Sommer in Kandersteg weiter wandern. Und auch das ist ok.