Nach 5 Monaten hauptsächlich Coronopause ging’s jetzt weiter. Und das gleich an einem strahlenden Hochsommertag wie aus dem Bilderbuch. Auch die Etappe stellte sich dann so dar: der Himmel blau, das Land grün, die Dächer rot, die Häuser Fachwerk, die Wege meistens angenehmer Schotter und bei 30°C ausreichend Schatten im Wald – für mich einfach perfekt.
Aus Northeims Zentrum kommend führt der Weg südostwärts leicht ansteigend zum den Fuß des bewaldeten Wieter. Hier böte sich ein Aufstieg zum Wieterturm an, der einen Blick von Harz bis Solling biete. Mein Tag hat aber gerade angefangen, die Etappe ist eher lang, so spare ich mir das.
Stattdessen folgt die Etappe der Via Scandinavica, einem aus Fehmarn kommenden Jakobsweg. Das ist zu Beginn der einzige markierte Weg und sehr schön geführt. Allerdings hat es eine ganze Weile gedauert, bis mir die vielen gelben Pfeile am Weg aufgefallen sind. So haben Freiwillige den Wegverlauf markiert, und zwar exzellent bis Göttingen und an genau den Stellen, wo der Wanderer sie braucht. Hier zum Beispiel, wo der Weg den anfänglichen Waldrand verlässt und auf aufgelassenem – nach Spurenlage aber genutztem – Pfad in den Wald eintaucht:

Und schon folgt eine Überraschung, man quert einen Golfplatz in allerbester Parklandschaft:

Kurz darauf folgt die einzige Stelle des Tages, an dem der gelbe Pfeil versagt. Der Weg ist anscheinend einer wilden Wiese zum Opfer gefallen. Das macht aber nichts, ich gehe einfach ein paar Minuten auf der Straße weiter. Mir ist das heute sowieso sehr recht, so viel bequeme Wege zu haben – meistens Schotter. So kann der Blick den ganzen Tag umherschweifen und muss nicht den nächsten Tritt suchen wie meistens auf schmalen Pfaden. Das lohnt sich, der sowieso schon freundliche Laubwald ist von häufigen Lichtungen durchsetzt, die meterhoch dicht und wild mit Buschwerk zugewachsen sind. Das liebe ich.

Vor Mittag kommt dann auch mal wieder eine Pilgermuschel.

Billingshausen markiert ungefähr die Etappenhälfte. Leider wie so oft idyllisch, aber ohne Gasthaus. Sei’s drum. Nach kurzer Pause geht es entspannt weiter, der Weg überquert jetzt einen bewaldeten Höhenzug ohne größere Herausforderung. Ich bin inzwischen hutlos, habe meinen Stetson verloren, der über 10 Jahre auf jeder Wanderung ob flach, Mittel- oder Hochgebirge dabei war. Da kam der schattige Wald gerade recht (später in Göttingen habe ich beim Trekkingkönig im ersten Versuch exakt dasselbe Modell erstanden !) Auf der anderen Seite folgt der eigentlich zu empfehlende Pausenplatz des Tages, die “Rieswarte”.

Es folgt schon die Ortschaft Nikolasberg, dem Augenschein nach ein derart klassisches westdeutsches Vordorf wie es nur sein kann, wie vermutet in den 60ern Göttingen eingemeindet. Überhaupt habe ich den ganzen Tag das Gefühl, in der Mitte Deutschlands angekommen zu sein: mittelgroße und sehr typische Ortschaften, (eher wenig) mittelhohe Berge, mittlere Landnutzung von kleinen Äckern bis kleinen Naturschutzgebieten … sehr charakteristisch und im Grunde wunderbar.

Ab hier geht’s bergab bis zur Göttinger Innenstadt, eine ganze Zeit lang noch durch Grünstreifen, bis man über Oststadt und Theater in die Innenstadt kommt. Kleiner Tipp fürs kleine Abenteuer: direkt nach dem Ortschild “Göttingen” führt die Straße durch einen schmalen Hohlweg. Fußgänger werden per Hinweisschild auf einen Umweg linkerhand geschickt. Man folge dem nicht, sondern voller Vertrauen dem Trampelpfad rechts der Straße. Er führt weiter, man glaube mir.
Und zum Tagesausklang finden sich in der Göttinger Innenstadt mehr als genug Möglichkeiten.
