Liebe Hessen! Ihr seid ein sympathisches, ausgeglichenes Volk in einer schönen Landschaft, das nicht nur von Fachwerkhäusern, Gärten und Landwirtschaft viel versteht. Aber wieso habt ihr solche Wortfindungsstörungen? In der Anfahrt in Kassel-Wilhelmshöhe konnten wir “Maiks Bretzelpoint” gerade noch widerstehen, aber als wir in Rosenthal am Frisör “Kamm in” vorbeigingen, mussten wir dringend in “Schnuffi’s Getränkeladen”, um unser Grauen in einem Hütt-Bier – “Aus der Knallhütte”, so der Claim – zu ertränken. Bitte besinnt Euch!
Aber sonst war wieder alles gut. Wir sind diesmal zu zweit unterwegs durch das Bilderbuchbauernland und es ist eine wirklich abwechslungsreiche und sehr lauschige Etappe gewesen. Und wir waren nicht allein im gemächlichen Tempo unterwegs:

Weil es in Haina (Kloster) keine Unterkunft gab, haben wir die Etappe geteilt und in Rosenthal übernachtet. Und dieses Städtchen hat es uns angetan. Mit nur 2.200 Einwohnern gibt es alles was man braucht, Bäcker, Lebensmittel, Tankstelle, zwei Gastwirtschaften. Man ist freundlich und entspannt – und man nimmt sich den Ortsnamen zu Herzen. Alles ist übervoll mit Rosen, es gibt das Rosenhüttchen (siehe oben) und einen Wildrosenpfad. Der Ort selbst besteht gefühlt ausschließlich aus alten Fachwerkhäusern, es gibt kaum Leerstand, die Infrastruktur ist gepflegt, die Wege exzellent ausgeschildert, neue und leserliche Hinweistafeln finden sich überall. Wir haben uns schon gefragt, woher das Städtchen das Geld hat und wieso alles so funktioniert. Wir wissen es nicht, haben uns aber gefreut. Und dann war da noch die Unterkunft Hofraithe Park, schlicht und schön in einem jahrhundertalten Ensemble auf den Resten der ehemaligen Burg. Sehr empfehlenswert!
Und der Burgwald! Wir hatten den Namen noch nie gehört und waren umso überraschter, was für ein schöner, abwechslungsreicher Wald das ist. Umgeben von teilweise parkartigem, teilweise weitgehend ackergeprägtem Land in den Tälern findet sich ein wirklich gemischter Mischwald aus echtem Mischwald, Nadel- und Laubwaldstrecken und am Christenberg überrascht ein absolut klassischer Buchenwald. Ich kann das nicht gut fotografieren, deshalb einmal mit See …

… einmal mit Parkplatzschild …

… und einmal ungewöhnlich ordentlich:

Mit etwas Mühe ist hier auch das gesamte Feld voll Fingerhut zu erkennen. Es gab sehr, sehr viele solche Felder, und im Juni sämtlich in voller Blüte. Vielleicht ist das vom stehenden Wasser in den kleinen Tälern begünstigt, das im Burgwald typisch ist. Und das begünstigt noch etwas anderes, ich weiß nicht an wie vielen kleinen Mooren wir entlang gegangen sind. Ein besonderes wegen des schmalblättrigen Wollgrases ist im Christenberger Talgrund zu bewundern:

Es war ein wunderbares Gefühl unbeschwerten Sommers. Und als sei das in dieser Gegend selbstverständlich, bietet ein Anwohner im folgenden Ort Mellnau dieses an:

Ich habe länger gezögert, aber dann doch keine mitgenommen. Ich wusste nicht, was ich im Tausch dagegen da lassen soll.
Wir sind dann noch zur Burgruine Mellnau angestiegen und haben es uns auf den Bänken und einer Liege dort bequem gemacht. Und in Sonne dösend taucht in der Ferne der Große Feldberg auf, auch nur noch eine Wanderwoche entfernt.