Ich bin nicht allein

Nein, das ist nicht der Eiger. Es ist die Nordwand des Scheideggwetterhorns. Das gehört allerdings wie der Eiger zu einem sehr beeindruckenden Gebirgsstock, den ich ab heute abwandern werde. Mit u.a. Finsteraarhorn, Mönch und Jungfrau mit einigen 4000ern. Mit dem Eiger ab Grindelwald 3000m aus dem Tal ragend. Und mit dem Aletsch immer noch mit dem größten alpine Gletscher. Und als Region Jungfrau-Aletsch als Welterbe geadelt.

Diese Etappe ist der Einstieg in eine mehrtägige Panoramawanderung. Und dementsprechend bin ich nicht der einzige hier. Trotz weiterhin durchwachsenem Wetter sind erstaunlich viele Wanderer und Radler unterwegs.

Mein Tag fängt allerdings ganz anders an. Ich verzichte auf den ersten steilen Anstieg und nehme eine uralte Kabelbahn zu den Reichenbachfällen oberhalb von Meiringen. Auch das nicht allein, wie man sieht.

Die Reichenbachfallbahn aufwärts

Vielen Dank an die Fahrerin (sagt man das so?), ich durfte bei der ersten Fahrt des Tages als Nachzügler noch einsteigen. Die Wasserfälle selbst sind sehr sehenswert, und man kann auf einem mit Treppen, Geländern und Brücke versicherten Pfad am Wasserfall entlang ansteigen und immer wieder neue Perspektiven entdecken. Der Ort Meiringen schlägt übrigens einiges Kapital aus diesem Wasserfall, ist es doch der Ort, an dem Conan Doyle seinen Sherlock Holmes sterben lässt.

Damit begann ein recht entspannter Anstieg im Reichenbachtal. Der Weg verläuft lange Strecken nebem dem Bach in ziemlich geringer Steigung. Passagen neben dem Bach wechseln sich mit Straßenstücken und kurzen Waldpfaden ab. Und obwohl ich sehr gemütlich gehe, bin ich heute mal nicht der langsamste.

Langsam bergauf mit Blick auf fast nichts

Unterwegs bestaune ich eine kreative Art der Holzwirtschaft. Man schlägt die Bäume am Hang, hängt sie an den Haken der Seilbahn, lässt sie bis zur Sammelstelle fahren und dann einfach ab, bis sie die Maschine greifen kann. Sah cool aus, hoffentlich kann man das erkennen.

Holzernte in Gschwantenmad

Trotz der Straße war es sehr ruhig, nur das “Postauto” (der Linienbus) fiel mit seiner regelmäßigen Fanfare auf. Der Gegenverkehr muss schließlich gewarnt werden.

Ganz so einfach darf der Tag aber doch nicht werden. Die letzte Stunde im Aufstieg zur Großen Scheidegg auf der Passhöhe hat es wieder in sich. Selbstverständlich nieselt es wieder etwas, es ist steiler, irgendwie muss man die Höhe ja überwinden. Der Hammer aber ist der Wind, richtig stramm und eisig kalt. Ich kann mich nicht wie gestern durchgebeißen, sondern muss sogar ein Pulli zusätzlich anziehen, trotz der Anstrengung. Und dann: ein japanisch aussehender Mensch überholt mich mit perfektem Grüezi, im T-Shirt und mit Jutetasche. Um sich oben auf der Passhöhe auf die allerhöchste Aussichtsbank in den schlimmsten Wind zu setzen. Und eine Zigarette zu rauchen! Tja, worüber klage ich … Ich bin trotzdem für das Berggasthaus und dessen warmes Essen dankbar. Und nach einer Stunde Pause sieht alles auch schon wieder viel besser aus und ein traumhafter Abstieg auf schönen Almen und mit tollem Ausblick beginnt.

Von der Großen Scheidegg nach Grindelwald

Rechter Hand stehen Wetterhorn und Matterberg Spalier und ich meine kurz den Oberen Grindelwaldgletscher am Schreckhorn zu sehen. Linker Hand leuchtet der First, wo ich dieses Jahr schon Skifahren war. Weil die Wege insgesamt wenig Stolperfallen bieten, kann ich das auch ausführlich genießen. Und den Radfahrern und Mitwanderern fröhlich grüßend ausweichen. Nur der Blickfang schlechthin ist nicht zu sehen. Aber irgendwas ist ja immer.

Der Eiger gibt sich bedeckt

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