Tapetenwechsel

Die heutige Etappe bedeutet Abschied von der schönen Bergstraße, dem immer präsenten Ausblick in die Rheinebene – und auch vom ständigen Hintergrundrauschen von Autobahn und Landstraße. Es bleibt zunächst eine Waldstrecke im kleinen Odenwald, anschließend folgt aber das wellige und meistens offene Kraichgau. Die Felder und Wiesen waren weitgehend grün, so dass es im Winter eigentlich auch ganz schön ist.

Ich starte in den Tag mit der Erwartung, jetzt eigentlich drei Transferetappen bis zum Beginn des Schwarzwald-Westweg in Pforzheim vor mir zu haben. Und ich habe wie immer Schwierigkeiten, mich einzulaufen und mich an den Gedanken zu gewöhnen, den ganzen Tag jetzt einfach weiterzugehen. Da hat auch der Fußballpodcast nicht geholfen, den mir ein mitfühlender mir lieber Mensch vorgeschlagen hat. Wandern muss Langeweile kultivieren. Man muss einfach schaffen, sich den kompletten Tag nicht berieseln zu lassen. Und das geht.

Und wie so oft bringt der Tag eine Überraschung. Da ich die Strecken im Wesentlichen nach Landkarte finde und vorhandenen Wanderwegen folge, bereite ich mich nicht auf die Gegend selbst vor. Ich lese keine Reiseführer und ich schaue auch nicht so genau in die Karten. Und die heutige Überraschung kam gleich zu Beginn: Heidelberg hat eine Bergbahn ! Und zwar genau auf den Königstuhl, auf den ich hoch wollte. Und wenn ich nicht 1.5 Stunden auf die erste Bahn hätte warten müssen, wäre ich Bahn gefahren und hätte was verpasst. Einerseits die Treppen hoch zum Heidelberger Schloss. Vor allem aber das:

Bedienungsanleitung am Fuß der Himmelsleiter bei Heidelberg

Die Himmelleiter besteht aus Sandsteinstufen, die wie mit dem Lineal gezogen auf den Berg führen. Die Stufen sind ziemlich unregelmäßig und mit den 270 Höhenmetern fühlt sich das schon alpin an. Da auch alles voll feuchtem Laub war, hilft etwas Trittsicherheit auf jeden Fall. Und es hat am Ende Spaß gemacht, auch wenn ich der einzige war, der einen Rucksack hochgetragen hat. Der Rest hat Berglauf trainiert, aber auch dafür: Chapeau ! Oben kann ich mich dann nochmal vom Rheintal verabschieden:

Aussichtspunkt am Königstuhl

Das war auch schon der höchstgelegene Punkt des Tages und der einzige nennenswerte Anstieg, es lief sich seitdem ziemlich einfach. Zunächst kam noch ein Stück Odenwald, der sogenannte kleine Odenwald mit schönen meistens Laubwäldern und immer mal wieder dekorativ verteilten Steinbrocken.

Im kleinen Odenwald

Mit dem nächsten Dorf Gaiberg wechselt das ganze dann erstens eindeutig ins baden-württembergische – vom Aussehen des Dorfes – und zweitens ins offene wellige Kraichgau, was ich sehr genossen habe.

Blick übers Land

Ich war jetzt weite Strecken in der Sonne auf sehr gut gangbaren breiten Wegen. Die Felder und Wiesen waren weitgehend schon grün, aufgelockert durch Obstgärten, mal ein Bauernhof und der Weg vermeidet bis Mühlhausen jede Ortsdurchquerung. Man kann immer etwas weiter blicken, an manchen Stellen zeichnet sich am Horizont der Pfälzer Wald ab.

Vermutlich dem Weihnachtsfeiertag geschuldet, war ich auch nicht alleine unterwegs. Spazierengehen gehört in der Gegend offensichtlich zum Festtagsprogramm. Oder sie machen das immer, das kann ich natürlich nicht beurteilen. Was mir auch gut gefallen hat: es gibt sehr viele Bänke zum Ausruhen. Da ich wieder die Nepaltaktik anwende (55 min Gehen 5 min Pause den ganzen Tag durch), habe ich die Bänke öfter gebraucht. Und zum Abschluss noch ein schönes Bild, weil ich auch heute wieder bis zum Einbruch der Dämmerung gewandert bin. Die Tage sind halt schon ganz schön kurz gerade.

Dämmerung bei Mühlhausen

2 Gedanken zu „Tapetenwechsel“

  1. Bei den schönen Berichten und Fotos bekomme ich richtige Lust mit zu wandern. Ich freue mich schon auf den nächsten Eintrag!

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